Zum Auftakt des Europäischen Jahres der Jugend 2022 fand in der Berliner Philharmonie ein Konzertabend mit dem Bundesjugendballett, dem Orchestre Français des Jeunes und dem Bundesjugendorchester statt. In ihrem Grußwort feierte Kulturstaatsministerin Roth die europäische Idee. Europa sei nicht nur der Kontinent, der jahrhundertelang durch Kriege und Ausbeutung Ungerechtigkeit verursacht habe, sondern auch der Kontinent, der „Hoffnung gegeben hat und gibt“.
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herzlich willkommen! Herzlich willkommen zu einem wunderbaren Abend der Musik, des Tanzes, der Freundschaft und vor allem: der Jugend Europas! Zu einem Abend der kulturellen Hoffnung in Zeiten der Pandemie. Zu einem Abend der deutsch-französischen Hoffnung mit dem Bundesjugendballet, dem Orchestre Francais des Jeunes und dem Bundesjugendorchester! Zu einem Abend der europäischen Hoffnung mit der französischen Präsidentschaft und dem britischen Dirigenten, ein ganz besonderes Willkommen an Alexander Shelley!
Europa - das bedeutet für viele, für zu viele und zu oft besinnliche Reden, unlösbare Probleme, unverständliche Vorschläge und eine unbefriedigende Wirklichkeit. Das machen wir heute anders. Das machen SIE heute anders. Und deswegen sagen wir heute:
Europa!
Ein Europa, das jung ist, das klingt, das Freude macht – und das Freunde und Freundinnen macht!
Ein Europa der Olympe de Gouge, der starken Frauen, der Frauenrechtlerinnen! Ein Europa der Josephine Baker, der Vielfalt und und des Selbstbewusstseins der Künstlerinnen! Ein Europa der Joana Bertholo, der Ecología, wie ihr jüngstes Buch heißt, ein Europa der Nachhaltigkeit und der Freude!
Und auch ein Europa der Eva Menasse, die in „Dunkelblum“ uns noch einmal die traumatischen Folgen von Grenzziehungen erklärt, kurz: Ein Europa, das aufbricht in die Wirklichkeit, das ja sagt zur Vielfalt und Verschiedenheit, das weiß um seine Zerbrechlichkeit wie um seine Kraft und das sich einig weiß in dem einen und entscheidenden: wir wollen gemeinsam ein Zeichen der Hoffnung setzen.
Wir, das ist der Kontinent, der über hunderte von Jahren durch europäische Bürgerkriege und Kriege, durch die Kolonisierung und Ausbeutung Ungerechtigkeit verursacht und erfahren hat. Europa! Das ist der Kontinent, der uns Deutsche trotz des grauenhaften Zivilisationsbruchs des Holocaust nicht verstoßen, sondern wiederaufgenommen hat. Und als aller erstes verdanken wir das Frankreich. Das wollen und das werden wir nie vergessen! Europa, das ist aber auch der Kontinent, der Hoffnung gegeben hat und gibt. Durch das Versprechen der französischen Revolution und der europäischen Aufklärung. Die Überwindung der Unmündigkeit und die Freiheit, die Gleichheit und Brüderlichkeit und die Schwesterlichkeit auch! Dem wollen, nein, dem MÜSSEN wir gerecht werden.
Ich sage es noch einmal: ohne Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit / Geschwisterlichkeit gibt es kein Europa. Und es ist ein besonderes Glück, dass Frankreich in diesen Tagen die Präsidentschaft der EU übernommen hat. Mit einem jungen europäischen Präsidenten, mit einer engagierten feministischen Kulturministerin, die ich gleich als erstes in Paris besucht habe, und vor allem: mit so engagierten, kritischen, streitbaren - mit so wunderbaren Künstlerinnen und Künstlern. In dieser Hoffnung, nein in diesem Versprechen wollen wir den heutigen Abend beginnen:
Dort wo Musik klingt, wo junge Menschen sich zu Hause fühlen, wo sie lieben, tanzen, nachdenken, diskutieren suchen, dort ist unser Europa und dort ist das Europa, das wir für unsere Freundinnen und Freunde draußen in der Welt sein wollen.
Sie sollen Hoffnung schöpfen, wenn sie an Europa denken. Zuversicht, wenn sie vom Umbau der Industriegesellschaft zu einer nachhaltigen Gesellschaft bei uns hören. Zutrauen, wenn wir unsere Verschiedenheit durch die vielfältige Fraternité anerkennen. Diese europäische Wirklichkeit wollen wir und dafür wollen wir uns gemeinsam anstrengen. Ich freue mich darauf und lade Sie alle ein, brechen wir auf in diese Wirklichkeit, machen wir nicht etwas, nein, machen wir Europa daraus!
Vielen Dank!